
Nach 8 Monaten ziehe ich ein erstes Fazit. Wie lief das mit der Schule? Was haben wir ausprobiert? Was klappt für uns und was nicht?
Schule Unterwegs
Während unserer bisherigen Reisezeit in Thailand, Australien und auch auf Bali haben wir circa alle zwei bis drei Tage eine Pause eingelegt und unsere mitgebrachten Schulbücher ausgepackt. Es gab Wochen, da klappte das super und die Kids waren mit Fleiß dabei, aber auch Zeiten, in denen es gar nicht klappte und wir uns wieder etwas neues ausdenken mussten (Anstatt Grammatik z.B. einfach kleine Geschichten ausdenken und erzählen). Zeitweise habe ich den Deutschunterricht (deutsche Grammatik bei der Großen und Lesen und Schreiben üben bei der Kleinen) und Arne Matheunterricht (schriftliches Addiere, Subtrahieren, Multiplizieren und Dividieren sowie das kleine Ein-Mal-Eins) übernommen. Zeitweise habe ich beide Fächer übernommen, da die Kids nicht mehr mitmachen wollten oder wir einfach nicht die richtigen Worte gefunden haben um es dem Kind zu erklären. Manchmal hat auch gar nichts funktioniert und wir haben den Tag einfach ausgelassen.







Erfahrungen in Australien
Wir waren insgesamt drei Monate in Australien. Zwei Monate sind wir mit dem Auto herumgereist und einen Monat haben wir auf der Batchelor Butterfly Farm verbracht.
Was ist Bildung und welchen Wert hat Schulbildung?
Spannend war für mich, dass der Blick auf das klassische Schulsystem in Australien ganz stark davon abhängt ob man sich an der Küste oder im Outback befindet. In Sydney, Brisbane und anderen großen Orten an der Küste herrscht das gleiche Verständnis für klassische Schulbildung wie auch in fast ganz Europa. Schulbildung ist wichtig – es gibt gute Schulen – es gibt gute Universitäten – gut ist, wer einen guten Abschluss hinlegt und entsprechende Zertifikate vorweisen kann.

Ganz anders das Verständnis im Outback – also im Landesinneren von Australien sowie dem gesamten Northern Territory. Hier zählen keine Schulabschlüsse, hier zählt das Anpacken, das Machen. Wir haben hier Unmengen von Menschen kennengelernt, die keine klassische Schulbildung erhalten haben; Menschen, die sich mit 17 das Lesen selbst beibrachten, da sie davor mit ihren Familien herumgereist sind oder einfach seit sie Kind waren auf einer Farm leben und arbeiten und niemand in ihrem Umfeld Wert auf klassische Bildung legte.
Sehr viele Menschen hier sind funktionale Analphabeten, arbeiten aber trotzdem zum Teil sehr erfolgreich in ihren Bereichen oder führen ihr eigenes kleines Unternehmen. Trucker, Bauarbeiter im Straßenbau, Farmarbeiter, Feuerwehr und viele Parkmitarbeiter und Ranger – keiner dieser Berufe legt großen Wert auf klassische Schulbildung, dafür aber sehr viel Wert auf Verlässlichkeit, Teamarbeit, viel körperliche Arbeit und auf einen guten Umgang mit der Natur.
Wir in Australien
Während unseres einmonatigen Aufenthaltes in Batchelor in Northern Territory haben wir diese Einstellung zu einem Teil übernommen und haben wenig bis gar kein klassischen Unterricht mit unseren Kids durchgeführt. Sie waren frei im Spiel und in ihrer Fantasie und ich bin im Nachhinein immer noch fasziniert, was für Ideen und mit wie viel Phantasie die zwei in dieser Zeit gespielt haben. An klassischer Schulbildung gelernt haben sie maximal englisch durch das Umfeld, aber dafür konnten sie stundenlang für unser englisches Harry Potter Brettspiel stillsitzen und strategisch mitdenken. Was sie sonst gelernt haben: Der Umgang mit den vielen Farmtieren und wie man auf einer Farm mithelfen kann, sich tagelang alleine beschäftigen und Verantwortung für kranke Tiere übernehmen – ein Leben im Outback eben.
Ich selbst bin mit klassischer Schulbildung aufgewachsen und irgendwie empfinde ich das als wichtig um sich selbst und seine Fähigkeiten kennenzulernen. So ganz hat mich das Konzept also nicht überzeugen können.
Schule in Thailand
Wir sind auch in Thailand über einen Monat herumgereist und aktuell leben wir etwas über zwei Monate in Khon Kaen – einer der wenigen großen Städte im nordöstlichen Isaan.

Wie definiert man Bildung?
Alle Thailänder, die ich bisher getroffen habe, legen sehr großen Wert auf Schulbildung. Auch die Frage ob und in welche Schule unsere Kids gehen hörten wir wieder deutlich häufiger als im Northern Territory in Australien.
Noch größeren Wert wird aber hier in Thailand auf den passenden Schulabschluss oder auf möglichst viele gute Zertifizierungen gelegt. Da geht leider manchmal etwas unter, dass eine gute Schulbildung nicht unbedingt zertifiziert werden muss und dass viele Zertifikate auch einfach gar nichts aussagen. Vieles hier ist nämlich käuflich, das passende Zertifikat inklusive. So spart sich mancher hier den umständlichen Weg des Selbst-Lernens.
Wir in Thailand
In unseren zwei Monaten an einem festen Ort in Thailand haben wir für unsere Kids eine English School gesucht und sind bei der Next Level English School in Khon Kaen fündig geworden. Ty, ein typischer Amerikaner aus den Südstaaten lebt und arbeitet hier schon seit Jahrzehnten. Die Kids gehen hier seit bald zwei Monaten für fünf Tage die Woche für jeweils eine Stunde zum Englisch Unterricht. Hier beginne ich nun auch deutliche Unterschiede festzustellen – sie haben nun nicht nur einen größeren Wortschatz und verstehen manchmal mehr als ich denke. Sie getrauen sich auch die ersten Sätze selbst zu sprechen.




Wir haben hier auch wieder angefangen einen regelmäßigen Tagesablauf mit Zeiten für Mathe- und Deutschunterricht zu gestalten. An fünf Tagen versuchen wir den Kids mithilfe der mitgebrachten Unterlagen und weiteren ausgedruckten Übungsblättern und Apps wie Khan Academy oder Anton App den aktuellen Schulstoff der zweiten und vierten Klasse näher zubringen.


Manchmal braucht es aber auch eine kleine Pause vom Lernen.
Spannend ist, dass unsere Kleine aktuell durch den vielen Englischunterricht englische Texte besser lesen kann als deutsche. Sie stolpert hier bei deutlich weniger Wörtern und liest auch flüssiger. Toll ist auch, dass sie in der Anton App in ihren deutschen Gruppen bleiben durften. Dadurch sehen sie den Stand in Deutschland und schauen auch immer, dass sie mit dabei bleiben.
Funktioniert das Homeschooling?
Vor einigen Wochen haben wir uns eine deutsche Auslandsschule in Thailand angesehen und die Kids wurden auch auf ihren Wissensstand hin getestet. Die Ergebnisse haben mich wenig überrascht – wir lernen ja zusammen. Beide Kinder liegen im Mittelfeld ihrer Altersklasse und würden sie hier auf die Schule gehen würden sie entsprechend in die Klassen kommen, in denen sie jetzt auch in Deutschland wären.
Daher kann ich sagen: Ja, zu einem Teil funktioniert das Homeschooling, aber einfach ist es nicht. Es bedeutet auch für uns viel Vorbereitungszeit, neue Ideen, wie man verschiedene Mathe-Konzepte erklären kann und gaaaaaaaanz viel Geduld, wenn die Kids wieder nicht zuhören oder mitmachen wollen.
Mir fällt es auch sehr schwer mich nicht zu sehr auf den klassischen Schulstoff zu konzentrieren. Sich selbst frei zu machen von dem Zwang, dass in diesem Alter einfach Lesen gelernt wird oder bis zum Ende de Jahres das Kleine Ein-Mal-Eins verstanden und auswendig gelernt werden sollte, weil der Schulplan das so vorsieht für die Klassenstufe, schaffe ich nicht wirklich. Vermutlich bin ich doch einfach zu sehr von dem klassischen deutschen Schulsystem geprägt um auf Dauer das ‚Freilernen‘ oder das ‚Nichtlernen‘ als eine echte Alternative für unsere Familie zu sehen.
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